Gerda Günther (*1922)

Gerda Günther (*1922) ist im Wedding in der Freienwalder Straße aufgewachsen, „immer in demselben Haus, 62 Jahre.“  Ihre Eltern stammten aus Schlesien, "mein Vater war Kranführer und meine Mutter war mehr zu Hause. Die war viel mit ihren Schwestern zusammen. Ich hatte dadurch viele Cousins und Cousinen. Das war sehr schön. Die Eltern haben oben Karten gekloppt und wir haben bis 21:30 auf der Straße gespielt." Sie berichtet von den schweren Kriegsjahren, ihrer Leidenschaft für das Theater und vom frühen Tod ihrer ersten Liebe, der sie zeitlebens treu blieb.  

Im gleichen Haus

"Ich war nicht viel auf Reisen, das konnte man sich früher gar nicht so erlauben. Meine erste Reise war mit 18. Und wo bin ich gelandet? Im Spreewald. Mit einer Freundin. Da waren wir 14 Tage. Im Spreewald mit seinen Trachten. Das war schon sehr romantisch, das muss ich sagen. Aber das waren andere Zeiten. Andere Zeiten." 

Schauspieler

"Göring, der fuhr immer nach Carinhall, da bei uns die Wollankstraße entlang, im offenen Wagen. Der hat eine Schauspielerin geheiratet, die habe ich auch kennengelernt. 

Ich habe früher viele Theaterbesuche  gemacht und hatte etliche Autogramm von Schauspielerinnen. Die werden sie alle nicht mehr kennen und die heutigen, die kenne ich wieder nicht.“

Für Volk & Vaterland

„Wir haben es nur bis zu Verlobung geschafft, aber dann wurde er zum Krieg eingezogen. Ich wollte gerne mal Nachricht kriegen und schrieb „Neue Anschrift erbeten“ Und dann kam eine Anschrift:

„Er starb für Volk und Vaterland.“ Seit dem bin ich auch ohne dem ausgekommen. So habe ich meine Freiheit gehabt, ich habe das nicht bereut."


Klaus Wüsthoff (*1922)

Eigentlich sollte Klaus Wüsthoff (*1922) "Klaus Herzfeld" heißen. Da das aber im aufkommenden Nationalsozialismus "zu jüdisch" klingt, lässt der Vater seine Kontakte spielen und die Familie nennt sich fortan "Wüsthoff" - nach der Großmutter. Klaus Wüsthoff spricht von seiner durch den 1.Weltkrieg geprägten Kindheit, über das Wesen seiner Kreativität und wie er schon früh eine enge und lebensentscheidende Beziehung zur Musik einging.

Musikalität

"Mein Vater hatte ein Streichquartett und die spielten so furchtbar falsch, ja, also wirklich. Wir sind immer geflohen, meine Schwester und ich. Die haben Haydn-Quartette gespielt, das war denen vollkommen Wurst, wie das klang. Übrigens waren die alle jüdisch, mein Vater war nicht-jüdisch, aber alle anderen waren jüdisch. Da war einer der hieß Dr.Oettinger und dann war einer, der hieß Franke und einer hieß Sevin." 

Erziehung zum Krieg

"Mein Gott, meine Jugend. Bis zum 27. Lebensjahr ist alles durch die 4 Jahre vor meiner Geburt - das Ende des 1.Weltkrieges - bestimmt. Wir haben als Kinder immer Krieg gespielt. Weil gesagt wurde, es gab diese "Dolchstoßlegende." (...) Wir haben im Garten, da hat mein Vater uns Bunker mit ausheben geholfen, wir haben Schützengräben im Garten gehabt."

Dreiklang

"Meine erste, meine allererste Erinnerung: ich stehe am Klavier - am Flügel natürlich - und probiere da oben die Tasten. Und muss wohl zufällig einen verminderten Dreiklang erwischt haben. Und mit meine Mutter hatte mir vom Christkind erzählt und da sagte ich: "Das ist das Christkind, das ist das Christkind." (...) Und das hat mir den Grundstein gelegt für diese Verbindung zur Musik."