Violeta (*1987) ist in Nowi Sad in Serbien geboren und 1995 mit ihrer Familie vor dem Bürgerkrieg nach Berlin geflohen. "Meine Eltern haben damals alles aufgegeben, ihre Familien und alles stehen und liegen gelassen um Sicherheit zu suchen, für ihre Kinder, für ihre Familie." Violeta berichtet von der abenteuerlichen Flucht der Familie nach Berlin, ihrer Ankunft in Wilmersdorf und ihren verschiedenen Unterkünften in Lichtenberg, Marzahn, Pankow und Hohenschönhausen, "wir haben oft den Wohnsitz wechseln müssen, unfreiwillig, so war das eben, wenn man unter einer Duldung gelebt hat." Sie berichtet aber auch von ihren 3 Anläufen und wie sie ihr Weg schließlich zu Amaro Foro führte.
"Wir sind damals hier angekommen und sind in ein Hostel gegangen.
Weil wir noch gar nicht die Infrastruktur hier kannten, wir wussten nicht, wo muss man sich anmelden, meine Eltern konnten kein deutsch und kannten absolut niemanden.
Und dann wir uns für ein, zwei Nächte in ein Hostel einquartiert, bis mein Vater jemanden kennengelernt hat auch aus Serbien und der hat uns zu sich gebracht in sein Wohnheim und hat uns geholfen uns anzumelden."
"Komisch, dass es so viele Vorurteile gegen Marzahn gibt und sicher gibt es da auch eine rechte Szene, aber ich habe das nie erlebt. Sicher lag das auch daran, dass wir in einem sehr großen Wohnheim gelebt habe, wo viele migrantische Familien waren, wo ein Großteil in die selbe Schule ging. Es macht wirklich viel aus, wenn du in einer Gruppe bist. Man fühlt sich sicherer und ist auch nicht so anfällig für Übergriffe. Und wir wurden da auch nicht mehr blöd behandelt."
"Ich habe mich vorher nie mit meiner Roma-Identität beschäftigt, aber ich bin dann auf Aktivisten gestoßen, die hier in Berlin aktiv sind. Das war wie ein Domino-Effekt. Es war auch Glück, aber wenn ich die Möglichkeit nicht ergriffen hätte, hätte es ja auch nichts genutzt. Mein Opa war für mich damals eine große Stütze. Als ich angefangen habe mich zu engagieren, da waren meine Eltern sehr skeptisch und er hat mir damals viel Mut zugesprochen."
Anna-Maria Gubar (*1987) in Pankow geboren, aber in Hohenschönhausen aufgewachsen. "Hohenschönhausen hat heute ja eher so den Ruf, "Asi-Gegend", sozialschwach, wenig Einkommen. Aber früher, waren da viele Familien, das waren moderne Wohnungen, man hatte Zentralheizung und keine Ofenheizung. Das war eine sehr schöne Ecke und man hat sich gefreut, wenn man da eine Wohnung bekommen hat." Sie berichtet von Ihrer großen Familie, der russischen Oma, vielen Krankenhaus- und Demobesuchen und wie sie die Welt entdeckte.
"Meine russische Oma ist zu meiner Geburt nach Berlin gezogen.
Die spricht ein ganz süßes Deutsch und spricht uns Kinder auch immer in der "sie"-Form an. Die hat so eine ganz bestimmte Melodie, das ist herrlich, wenn sie anruft und auf den Anrufbeantworter spricht: "AAnitschkaaa! Wie geht es Ihnen?"
"Erwachsen geworden bin ich zum einen durch die Krebserkrankung meiner Mama, durch den Tod von meinem Papa; zum einen durch das Reisen und dann wahrscheinlich mit meinen Kindern, aber so ganz glaube ich noch nicht. Also ich habe noch nicht das Gefühl, so ganz vernünftig bin ich noch nicht. Ich möchte noch dieses und jenes ausprobieren und laufe ja auch immer noch Barfuß."
"Auch wenn ich erst zwei war, als die Mauer gefallen ist, bin ich ja trotzdem von meinen Eltern in diesem Sinne erzogen worden. Also, es ist ja nicht so, die Mauer ist gefallen und alles ist vorbei, sondern bestimmte Einstellungen,
wie mit Nachbarschaft umgegangen wird oder eine Art soziales Miteinander anders ist.
Und deswegen fällt mir das manchmal schon auf, wie unterschiedlich das ist, ob man einen Kita-Platz in Ost- oder West-Berlin sucht."