Anneliese Kannegießer (geb. Guth, *1930) wird in Schöneberg geboren, ihre Erinnerungen beginnen mit ihrer großen Zuneigung zu Helmut, dem jüdischen Nachbarsjungen. Diese erste Liebe endet abrupt, als Helmuts Familie nach Paris ins Exil gehen muss. Anneliese Kannegießer berichtet vom frühen Tod ihres Vaters, dem Lebensmittelladen der Mutter und ihrem "herrlichen Leben" auf dem "platten Lande", das Lankwitz damals noch ist. Der Krieg setzt dieser glücklichen Zeit ein Ende,  "die Kindheit bricht einem Weg und in dem Augenblick, wenn  einem das bewusst wird, wird man erwachsen."


Verwechslung

"Als ich geboren werden sollte, da wollte meine Mutter in eine ganz normale Klinik und mein Vater hat sich gesträubt mit Händen und Füßen. Sie hatten wirklich nicht so viel Geld, aber er hat Angst gehabt, sein Kind wird vertauscht und da hat er gesagt: "Du gehst in eine Privatklinik, wo es nur ein Kind gibt, ich will nicht, dass mein Kind vertauscht wird!" Und so bin ich in einer Privatklinik in der Barbarossastr. geboren worden." 

Ein herrliches Leben

"Wir waren immer draußen, es war ein herrliches Leben. Wir waren hier so auf dem platten Lande. Morgens ließ der Großvater die Hühner auf die Wiese, vorher hatte er geguckt, wer hatte ein Ei in petto und wer ein Ei in petto hatte, musste erst das Ei ablegen, denn auf der Wiese fand er es nicht wieder. Und dann waren die Hühner draußen und die Kinder draußen und dann hat man gespielt."

Weihnachten '45

"Die Verluste, die man in diesen letzten Tagen einstecken musste, das sind die, um die man nicht drum rum kommt, die man nicht vergisst. (...) Immer wieder frage ich mich, meine Freundin wohnte schräg gegenüber, hier in dieser Straße. (...) Sie waren vormittags da, nachmittags sind sie vor den Russen geflohen und weg waren sie. Keiner weiß, was aus ihnen geworden ist." 


Heinz Morgenroth (*1930)

Anfang des Sommer 2019 interviewte ich Otto Korn (*1933) und er erzählte von seiner Kindheit in einer Laubensiedlung bei Blankenfelde. Er erzählte dabei auch von Heinz Morgenroth, einem jüdischen Jungen, der den Krieg überlebte und mit dem zusammen er arbeitete. Nach kurzer Zeit trennten sich ihre Wege und Otto Korn hörte nie wieder etwas von seinem Freund. Ein Blick ins Telefonbuch zeigte, es gibt einen Heinz Morgenroth in Berlin. Ich rief an und es schien alles zu passen: geboren 1930, Kindheit in Blankenfelde verbracht. Aber Blankenfelde ist eben nicht Blankenfelde. 

 

Heinz Morgenroth (*1930) berichtet von seinem Namen und seiner Kindheit während des Krieges,  der Arbeiter- und Bauern-Fakultät und seinem Leben als Wissenschaftler in der DDR.

Heinz Morgenroth

"Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Mutter, den eigentlichen Vater habe ich nicht kennengelernt und der angeheiratete, der ist 1945, im Herbst gestorben, der ist praktisch verhungert. Der hat keine Arbeit gefunden, war in der Nazi-Partei und in den ersten Monaten war das sehr schwierig. Der hat dann Arbeit im Gleisbau gefunden, aber die Arbeit war so schwer, das das, was er zu Essen kriegte, nicht ausgereicht hat."

"Morgenroth"

"Ich habe meinen eigentlichen Vater ein einziges mal gesehen, da hat meine Mutter sich mit ihm getroffen, da war ich dabei. Das war 1933, da war ich drei, vier Jahre, es kann auch etwas später gewesen sein. Das ist der einzige Eindruck, den ich von ihm habe. Meine Mutter wusste mehr, wie es mit ihm weiterging, aber mir hat sie das nie erzählt. Ich habe auch nie energisch nach ihm gefragt, ich war daran nicht so interessiert."

Zwischen Sonne & Erde

"Schwerpunkt meiner Forschung war, "der physikalische Zustand in dem Bereich zwischen Sonne und Erde." Der kosmische Bereich zwischen Sonne und Erde und was alles dazwischen abläuft. Interessant ist dabei, dass es in diesem Bereich zwei Anziehungskräfte gibt, die aufeinander einwirken. Die von der Sonne und die von der Erde. Und solch ein Zusammenspiel führt zu nichtlinearen Gleichungen, das ist ein ziemlich schwieriges Gebiet."