Gudrun Krupp (*1928), Tempelhof

"Also ich erinnere mich eigentlich daran, dass meine Mutter starb, da war ich 5 Jahre alt. Also ich wurde 5. Und mein Bruder, meine Schwester und mein Vater, ich weiß nicht, der hat nicht geweint, aber die weinten und  ich wusste gar nicht warum, also habe ich mitgeweint. Und ich erinnere mich, dass der Sarg nach unten ging und dann gab es so ein Geräusch, da ging da oben etwas zu und das war ungemütlich. Aber ich bekam Gott sei dank eine ganz liebe und nette Stiefmutter, die ich heiß und innig geliebt habe." 

 

So beginnen die Kindheitserinnerungen von Gudrun Krupp im Tempelhof der 30er Jahre. Der Vater ist Lehrer,  leidenschaftlicher Buchliebhaber und die Leidenschaft fürs Lesen wird die kleine Gudrun von ihrem Vater übernehmen.

"Der BDM, das war nicht so ganz mein Ding. (...) Es wurde sehr viel Sport getrieben und ich war ja nun so völlig unsportlich. Dieser ganze Drill, das missfiel mir sehr. Das war so unschön. Alles gemeinsam machen, nichts individuelles. Ich habe schon immer gerne gelesen. Ich habe mich zuhause irgendwo hingekrochen und habe gelesen."

 

Neben Mutter, Vater und den Büchern nehmen ihre Geschwister viel Platz in ihren Erinnerungen ein. Vor allem "Gunterchen" wird Zeit seines Lebens eine prägende Figur bleiben. 

 

"Mutter sagte einmal zu meinem Bruder: "Nehmt euch doch ein Beispiel an Gudrun, die ist immer so lieb und brav!"Da hat mein Bruder gesagt: "Die ist nicht lieb und brav, die ist doof." Aber später hat er sich gefreut, dass er die Doofe hatte. Ich habe nämlich meinen Bruder die letzten Jahre sehr betreut. (...) Und im vorigen Jahr ist er gestorben, mit 95."